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Heilfasten: Warum Snacken krank machen kann und Fasten so gesund ist


Expertin zum Heilfasten
"Zellen werden durch das Fasten entmüllt"

  • Lynn Zimmermann
InterviewVon Lynn Zimmermann

Aktualisiert am 13.03.2024Lesedauer: 5 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Heilfasten: Bei dieser Form des Fastens sind verschiedene Tees und Gemüsebrühe erlaubt.Vergrößern des Bildes
Heilfasten: Bei dieser Form des Fastens sind verschiedene Tees und Gemüsebrühe erlaubt. (Quelle: fizkes/getty-images-bilder)

Es ist wieder Fastenzeit. Neben der Religion steht dabei oft die eigene Gesundheit im Fokus. Eine Expertin erklärt, warum Snacken krank machen kann und Fasten so gesund ist.

Ein Müsliriegel auf der Fahrt zur Arbeit, nach dem Mittag ein Kaffee mit Zucker und abends auf dem Sofa eine Tüte Chips. Verschiedene Studien zeigen, dass viele Menschen den Großteil des Tages mit Snacken verbringen. Lediglich nachts hat der Körper eine Pause von Zucker, Salz und Fett.

Der bewusste Verzicht auf feste Nahrung während des Fastens soll dem Überkonsum entgegenwirken, den Körper reinigen und das Wohlbefinden steigern. Aber was macht das ständige Snacken eigentlich mit dem Körper und warum gilt Fasten als so gesund? t-online hat die Diplom-Ökotrophologin und zertifizierte Ernährungsberaterin Veronika Albers gefragt.

Veronika Alber
(Quelle: Sophie Brand)

Zur Person

Veronika Albers ist Diplom-Ökotrophologin und vom Verband für Ernährung und Diätetik zertifizierte Ernährungsberaterin. Sie leitet die Ernährungsfachkräfte bei Oviva, einer App-begleiteten Ernährungsberatung, deren Angebote von vielen Krankenkassen übernommen werden.

t-online: Was macht das ständige Essen mit uns? Wie beeinflusst es unsere Verdauung und unseren Stoffwechsel?

Veronika Albers: Wenn wir rund um die Uhr snacken, arbeitet der Körper dauerhaft. Das kann ihn überfordern. Vor allem, wenn wir leicht verdauliche Kohlenhydrate wie Weißbrot, Fertiggerichte oder Süßigkeiten verzehren, muss der ganze Zucker im Blut auch ständig verstoffwechselt werden.

Dabei schüttet der Körper viel Insulin aus. Das belastet die Bauchspeicheldrüse. Und schließlich müssen ganz viele Zellen im Körper den Zucker aufnehmen. Das ist regelrechter Dauerstress für die Zellen.

Eine überlastete Bauchspeicheldrüse kann schwerwiegende Folgen haben.
(Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Insulinresistenz und Diabetes

Wenn der Körper dauerhaft Insulin ausschüttet, kann es passieren, dass die Zellen nicht mehr so gut auf das Hormon reagieren. Sie entwickeln eine Resistenz gegen Insulin. Eine Zeit lang kann die Bauchspeicheldrüse dies ausgleichen, indem sie mehr Insulin herstellt. Die Zellen in der Drüse erschöpfen dadurch aber zunehmend, sodass es irgendwann auch zu einem Mangel an Insulin und somit zum Typ-2-Diabetes kommen kann.

Nehmen wir gleichzeitig mehr Energie auf, als wir verbrennen, egal ob aus Fett oder Zucker, saugen unsere Fettzellen diese Energie auf. Das führt langfristig zu Übergewicht und Adipositas. Zudem kann zu viel Fett über die Ernährung über lange Zeit zu Schäden an den Arterien führen, bis hin zu einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt.

In der Folge können also chronische Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen entstehen. Leidet auch der Darm unter ständigem Essen?

Ja. Gerade Fertigprodukte und Süßigkeiten enthalten oft sehr viele unterschiedliche Inhalts- und Zusatzstoffe. Und auch damit muss der Körper fertigwerden, wenn wir dauernd essen. Das kann vor allem den Darm und seine nützlichen Bakterien belasten und zu Symptomen wie Blähungen und Durchfall führen.

Info: Inhaltsstoffe die den Darm belasten

Alkohol: Die Leber wandelt Alkohol in Acetaldehyd und Acetat um, die im Darm das Wachstum bestimmter Mikroben auslösen können.
Antibiotika: Kein Lebensmittel, aber sie können die Darmflora schädigen.
Chemische Zusatzstoffe (Konservierungsstoffe, Emulgatoren, Verdickungsmittel): Körperfremde Stoffe schaden der Darmflora. Konservierungsstoffe unterscheiden nicht zwischen Gut und Böse und töten wie Antibiotika auch nützliche Darmbakterien.
Gluten (Weizen, Roggen, Fertigprodukte): Aufgrund der molekularen Struktur ist Gluten schwer verdaulich. Es kann Entzündungen begünstigen (Glutensensitivität) und bei manchen Menschen bis zur Zerstörung der Darmschleimhäute führen (Zöliakie).
Zucker: Einfache Kohlenhydrate etwa aus Toast, Pasta oder Backwaren können das Wachstum von Pilzen, Viren und Bakterien fördern.

Nun das Gegenstück: Warum soll Fasten so gesund sein?

Da gibt es unterschiedliche Aspekte. Zellen werden durch das Fasten "entmüllt" und aufgefrischt. Diese Zellreinigung wird Autophagie genannt, was so viel bedeutet wie "sich selbst fressen". Beseitigt werden dabei etwa Bestandteile von Viren und Bakterien oder kaputte Proteine und DNA-Teile in der Zelle. Dadurch sind diese Zellen in der Lage, sich selbst zu verjüngen. Mittels der Autophagie befreit sich der Körper aber auch von gänzlich kaputten und daher unbrauchbaren Körperzellen. Diese Zellreinigung wirkt stärkend auf das Immunsystem.

Auch das Gehirn profitiert vom Fasten, insbesondere von der dadurch entstehenden Zuckerpause. Untersuchungen haben gezeigt, dass Fasten die Bildung von neuen Gehirnzellen anregt. Dadurch kann das Heilfasten unter Umständen auch Demenzkranken helfen.

Fasten ist nicht gleich Fasten

Es gibt unterschiedliche Formen des Fastens. Einen wissenschaftlich bestätigten gesundheitlichen Nutzen haben vor allem das Heilfasten und das Intervallfasten. Beim Heilfasten verzichten Sie üblicherweise zwischen sieben und 14 Tagen auf feste Nahrung. In dieser Zeit nehmen Sie nur eine sehr geringe Energiemenge von maximal 500 Kilokalorien pro Tag in Form von Brühe, Säften und Tees auf. Beim klassischen Intervallfasten beschränkt man die tägliche Nahrungszufuhr auf wenige Stunden am Tag und macht lange Pausen dazwischen. Andere Fastenformen wie das Basen-, Schein- oder Saftfasten sind in ihrer Wirksamkeit nicht wissenschaftlich bewiesen.

Wirkt sich das Heilfasten auch positiv auf den Blutdruck, die Blutfettwerte oder den Blutzuckerspiegel aus?

Wenn wir auf zucker- und fetthaltige Speisen verzichten, hat das einen positiven Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und die Blutfette, vor allem auf die Triglyceride. Zudem schraubt das Heilfasten die Insulinproduktion herunter. Auf diese Weise entlastet es die Bauchspeicheldrüse und die vielen Zellen, die den Zucker aus dem Blut aufnehmen müssen. Es bringt Ruhe in den Stoffwechsel.

Neben der körperlichen Wirkung ist ein weiterer Vorteil des Heilfastens, dass wir zu innerer Ruhe und einem Gleichgewicht zurückfinden. Das ist ein großartiges Phänomen, um herunterzukommen und um sich selbst wieder zu spüren.

Wenn ständiges Essen schlecht für den Darm ist, kann eine Heilfastenkur von 7 bis 14 Tagen den Darm wieder ins Gleichgewicht bringen?

Ob eine solche Fastenkur den Darm gänzlich ins Gleichgewicht bringen kann, will ich nicht behaupten. Allerdings kann sie dem Darm durchaus Ruhe bringen, weil er einmal komplett geleert und von allen irritierenden Nahrungsbestandteilen befreit wird. Dadurch kann das allgemeine Wohlbefinden steigen, denn ein gesunder Darm hat wiederum eine positive Wirkung auf die Stimmung und das Immunsystem.

Eine gesunde Darmflora aufzubauen, ist allerdings eher das Wirkgebiet einer richtigen Darmkur und hat weniger mit dem Heilfasten zu tun.

Sind alle Fastenarten gleich gesund?

Gut umsetzbar und wirksam, insbesondere für die Regeneration des Darms, sind die Heilfastenkuren nach Buchinger und Hildegard von Bingen sowie die Fastenkur nach F. X. Mayr. Das Intervallfasten hingegen ist eher wirkungsvoll bei einer Gewichtsreduktion, hat aber nichts mit dem Heilfasten zu tun. Es ist darauf ausgelegt, langfristig umgesetzt zu werden. Dagegen wird das Heilfasten nur für einen befristeten Zeitraum von sieben bis 14 Tagen angewendet.

Wovon ich abrate, sind das Null- beziehungsweise das Wasserfasten sowie das Saftfasten. Und auch das Basenfasten halte ich nicht für wirksam.

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Für wen ist das Heilfasten nicht geeignet?

Da eine Fastentherapie in eine Vielzahl von Stoffwechselvorgängen eingreift, sollte besonders bei Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen geklärt werden, ob das Fasten in diesem Fall gesundheitsfördernd wäre. Gänzlich ungeeignet ist Fasten bei Magersucht, fortgeschrittener Leber- oder Niereninsuffizienz, Schwangerschaft und Stillzeit. Bei Suchterkrankungen, Typ-1-Diabetes oder fortgeschrittener koronarer Herzerkrankung sollte eine Fastentherapie zudem nur mit Betreuung durch erfahrene Fastenärzte erfolgen.

Nicht jeder kann sich für eine mehrtägige Heilfastenkur komplett zurückziehen und nur auf sich selbst konzentrieren. Haben Sie Tipps, wie sich eine solche Kur trotzdem möglichst stressfrei in den Alltag integrieren lässt?

Wenn Sie sich für eine Heilfastenkur entschieden haben, ist es sehr wichtig, das gut vorzubereiten und die Tage zu planen. Grundsätzlich gilt: Wählen Sie einen Zeitraum, in dem Sie etwas mehr Ruhe haben und sich die Zeit nehmen können, über sich und Ihren Körper nachzudenken. Die Woche, in der Sie umziehen oder in der Jahresabschluss Ihrer Firma ansteht, ist also weniger gut geeignet.

Ein weiterer Tipp ist, sich mit seiner Familie oder seinem Umfeld abzustimmen. Gerade in den ersten drei Tagen der Fastenkur kann es für Fastende sehr anstrengend werden und zu etwas gedrückter Stimmung kommen. Dann ist es schön, wenn das Umfeld weiß, woran das liegt.

Planen Sie zudem vorher, was Sie trinken dürfen und möchten: welche Gemüsebrühe, welche Säfte oder Tees. Gehen Sie dafür am besten vor Beginn der Fastenkur einkaufen.

Und ein letzter Tipp: Überlegen Sie, ob Sie sich mit einer Gruppe zusammentun möchten. Es gibt viele regionale Fastengruppen und Angebote. So können Sie sich austauschen und gegenseitig motivieren. Gibt es keine Angebote in Ihrer Region, können auch Apps und Online-Kurse gute Unterstützung bieten.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Albers!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Veronika Albers
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